Transformation des Münchner Büroimmobilienmarktes – Fakten, Trends und Perspektiven
- Gunnar Gombert STRATEGY CONSULTING
- 8. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Der Münchner Büroimmobilienmarkt befindet sich 2025 in einer Phase tiefgreifender struktureller Veränderungen. Nach fast einer Dekade kontinuierlichen Wachstums haben Inflation, Konjunkturabschwächung, Zinswende und veränderte Nutzeranforderungen den Markt nachhaltig geprägt. Wie reagieren Büronutzer, Entwickler und Investoren auf diese neue Realität – und wo liegen die Chancen für die kommenden Jahre?
Diese Analyse fasst die zentralen Ergebnisse des Vortrags von Prof. Dr. Gunnar Gombert auf der 4. IU-Fachtagung Bau, BPM & Immobilien (08. Oktober 2025) zusammen und gibt einen Überblick über Fakten, Trends und Handlungsperspektiven im Münchner Büromarkt.

Wirtschaftlicher Rahmen – Stabilisierung mit Unsicherheiten
Nach zwei Jahren Rezession zeigt sich die deutsche Wirtschaft 2025 wieder etwas stabiler, wenn auch ohne nennenswertes Wachstum. Das BIP stagniert, die Stimmung in der Industrie hellt sich leicht auf, und die Hoffnung auf eine Bodenbildung überwiegt. Für 2026/27 werden erste positive Wachstumsimpulse erwartet.
Die geldpolitische Straffung der EZB hat den Leitzins auf 1,75 bis 2 % gebracht, wodurch sich die Finanzierungskonditionen inzwischen stabilisiert haben. Diese neue Zinsnormalität sorgt zwar für geringere Investitionsneigung, schafft aber endlich wieder Planungssicherheit für Marktakteure.
Auch im Bauhauptgewerbe zeigt sich eine Wende zum Besseren: Die Geschäftserwartungen steigen leicht, Material- und Energiekosten haben sich teilweise normalisiert. Dennoch bleiben Baupreise hoch – ein wesentlicher Faktor für Investitionszurückhaltung.
Der Münchner Büromarkt im Wandel
Nachfrage: Konsolidierung statt Expansion
Die Büroflächennachfrage bleibt 2025 deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt.Großanmietungen über 5.000 m² sind selten geworden, und viele Unternehmen verfolgen Konsolidierungsstrategien – sie reduzieren Flächen oder passen ihre Standorte an hybride Arbeitsmodelle an.
Die Folge: Der Leerstand liegt bei rund 8 % und steigt weiter leicht. Dabei zeigt sich eine klare Polarisierung zwischen Top- und Nebenlagen: ESG-konforme, moderne Flächen in zentralen Lagen bleiben gefragt und erzielen steigende Mieten, während B- und C-Standorte deutlich an Attraktivität verlieren.
Angebot: Hohe Pipeline, steigendes Risiko
Trotz der schwachen Nachfrage ist die Projektpipeline in München weiterhin gut gefüllt: Über 500.000 m² Bürofläche befinden sich im Bau oder in konkreter Planung – ein großer Teil davon spekulativ. Die Ballung von Fertigstellungen bis 2027 erhöht das Risiko eines Überangebots und steigender Leerstände. Ohne Vorvermietung wird es für viele Projekte schwierig, eine nachhaltige Vermarktung zu sichern.
Mieten und Preise: Flight to Quality dominiert
Trotz steigender Leerstände sind die Spitzenmieten stabil bis steigend – aktuell bis zu 55 €/m²/Monat in der Altstadt. Dies ist Ausdruck eines klaren „Flight to Quality“: Nutzer sind bereit, für hochwertige, nachhaltige Flächen Aufpreise zu zahlen. In schwächeren Lagen hingegen müssen Vermieter mit längeren mietfreien Zeiten und höheren Incentives kalkulieren.
Der Markt differenziert sich stärker denn je nach Qualität, Lage und ESG-Konformität.
Investmentmarkt – Zwischen Preisfindung und Aufbruch
Das Münchner Transaktionsvolumen liegt weiterhin deutlich unter dem 10-Jahres-Durchschnitt, doch die Talsohle scheint erreicht. Die Spreads zwischen Immobilienrenditen und Bundesanleihen stabilisieren sich – und damit kehrt langsam Bewegung zurück.
Spitzennettoanfangsrenditen: rund 4,6 %, im historischen Vergleich attraktiv.
Bieter-Spanne (Bid-Ask-Gap): bleibt groß, hemmt aber die Transaktionsdynamik.
Investorenstimmung: leicht positiv – erste internationale Käufer reaktivieren ihre Prüfungen.
München bleibt damit ein Core-Standort mit hoher Standortstabilität und langfristiger Kapitalattraktivität. Insbesondere Value-Add-Investoren sehen in der aktuellen Marktphase Chancen, selektiv einzusteigen und Repositionierungsstrategien zu verfolgen.
Implikationen für Marktakteure
Büronutzer – Verhandlungsmacht nutzen
Unternehmen befinden sich aktuell in einer starken Verhandlungsposition:
Steigende Incentives und flexible Vertragsstrukturen bieten Chancen zur Kostenoptimierung.
Flächenportfolios sollten auf Konsolidierungs- und Effizienzpotenziale geprüft werden.
ESG-konforme Topflächen sollten langfristig gesichert werden, bevor sich Preise wieder anziehen.
Projektentwickler – Selektiv und partnerschaftlich agieren
Für Entwickler gilt: weniger ist mehr. Neue Projekte sollten nur mit gesicherter Vorvermietung oder Joint-Venture-Strukturen gestartet werden, um Finanzierungsrisiken zu minimieren. Kapitalstruktur, ESG-Design und Nutzungsflexibilität sind entscheidend für langfristige Drittverwendungsfähigkeit. Der Fokus liegt auf Qualität, nicht auf Volumen.
Investoren – Antizyklisch denken
Das aktuelle Umfeld bietet Einstiegsmöglichkeiten für langfristig orientierte Investoren:
Core-Assets können zu attraktiven Preisen gesichert werden.
Value-Add-Strategien, etwa durch Repositionierung von B-Lagen, gewinnen an Bedeutung.
Die Marktbereinigung eröffnet Chancen, sich vor dem nächsten Preiszyklus zu positionieren.
Ausblick – Zwischen Marktbereinigung und neuer Dynamik
Die nächsten 12 bis 24 Monate werden eine Phase der weiteren Marktbereinigung. Der Münchner Markt wird sich anpassen – strukturell, räumlich und strategisch. Für 2026 zeichnet sich ein moderater Aufschwung ab, getragen von Stabilität auf der Zinsseite und einer allmählichen Rückkehr institutionellen Kapitals.
Die zentralen Herausforderungen:
Anpassung der Bestandsflächen an neue Arbeitswelten
Umsetzung von ESG-Standards (insbesondere in Bestandsgebäuden)
Schließung des Bid-Ask-Gaps zwischen Käufern und Verkäufern
Fazit: Der Münchner Büroimmobilienmarkt bleibt einer der solidesten Standorte Europas – aber differenzierter und selektiver denn je. Wer jetzt mit Augenmaß handelt, sich auf Qualität, ESG und Flexibilität konzentriert, wird zu den Gewinnern der nächsten Marktphase gehören.